Gesetzliche Erbfolge trotz Testament?
Die Auslegung von Testamenten ist immer wieder Gegenstand von Rechtsstreitigkeiten im Erbrecht. Die Formulierungen der Erblasser, aber auch das, was nicht niedergeschrieben wurde, lässt oft Raum für Interpretationen.
Ein eindrucksvoller Fall, wozu eine fehlende Regelung führen kann, zeigt der Beschluss des OLG München vom 11.03.2020 (31 Wx 10/20).
Gemeinschaftliches Testament mit Lücken
Ein Ehepaar hatte ein gemeinschaftliches Testament aufgesetzt. Dort hatten die Ehegatten allerdings nur geschrieben, dass der gemeinsame Sohn 1 Alleinerbe sein soll, wenn beide verstorben sind. Der gemeinsame Sohn 2 sollte enterbt sein.
Und nun? – Auslegung des Testaments
Nachdem ein Ehepartner verstorben war, beantragte nun der überlebende Ehegatte einen Erbschein, der ihn als Alleinerbe ausweisen sollte. Aus dem Gesamtzusammenhang des Testaments sei der Wille der Ehegatten erkennbar, sich bei dem Tod des Erstversterbenden gegenseitig zu Alleinerben einzusetzen. In jedem Fall sei aber ersichtlich, dass Sohn 2 auch bei dem Tod des Erstversterbenden ausgeschlossen werden sollte und keine gesetzliche Erbfolge eintreten sollte.
Der wirkliche Wille des Erblassers zählt.
Das OLG München folgte bei der Nachprüfung der erstinstanzlichen Entscheidung nicht dieser Auffassung. Zunächst gab es keine ausdrückliche Erbeinsetzung für den länger lebenden Ehegatten. Auch eine individuelle Auslegung des Testaments ergab keine Erbeinsetzung des überlebenden Ehegatten.
Die Erbeinsetzung kann nicht hinzugedacht werden.
Grundsätzlich kommt es bei der Auslegung eines Testaments auf den wirklichen Willen des Erblassers an. Dabei ist es wichtig, nicht am buchstäblichen Sinn der Formulierungen zu haften. Gleichwohl ist die Einhaltung gewisser Formen für die Errichtung eines Testaments maßgeblich und unumgänglich. Ist eine Erbeinsetzung in einem Testament nicht enthalten und auch nicht einmal angedeutet, so kann sie nicht hinzugedacht werden. Sie entspricht schlicht nicht den gesetzlichen Formerfordernissen. Wenngleich Ehegatten sich üblicherweise gegenseitig bedenken, ist dies nicht vorgeschrieben und kann nicht unterstellt werden.
Unter Berücksichtigung dieser Umstände führte das unvollständige Testament im Ausgangssachverhalt dazu, dass genau der Fall eingetreten ist, der eigentlich verhindert werden sollte. Sohn 2 war nun gesetzlicher Erbe und konnte somit auf sämtliche Nachlasswerte zugreifen.
Im Testament eine Regelung zu vergessen, kann fatale Folgen haben. Machen Sie es richtig!
Dieser Fall zeigt deutlich, welche Konsequenzen eintreten können, wenn man sich vor der Errichtung eines Testaments nicht beraten lässt. Machen Sie nicht den gleichen Fehler bei der Errichtung Ihres Testaments. Rufen Sie mich einfach an und ich berate Sie hierzu gerne.
Viele Grüße
Ihre Monika Jakob